Forschung

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Arbeitsschwerpunkte

Hörbuch / Phonopoetik
Paratextualität
Literaturwissenschaftliche Stimmanalyse
Oskar Pastior
Theorie der Satire und satirischen Schreibweise
Autorinnen der Frühaufklärung

Scherz und Ernst. Satirische Schreibweisen von Autorinnen im 18. Jahrhundert.

Habilitationsprojekt

„Was darf Satire?“ fragt der Tagesspiegel (www.tagesspiegel.de, 05.05.2020) anlässlich der Diskussion über ein Facebook-Video eines Auftritts der österreichischen Kabarettistin Lisa Eckhart in der Sendung Mitternachtsspitzen, das der WDR geteilt hatte. Darin hatte sich Eckhart im Kontext der MeToo-Debatte mit den Belästigungsvorwürfen gegen Harvey Weinstein und Woody Allen auseinandergesetzt und u.a. judenfeindliche Klischees aufgegriffen, um die politische Korrektheit gegenüber Minderheiten zu thematisieren. Das Video hat eine öffentliche Diskussion ausgelöst, ob und inwiefern die Aussagen der Künstlerin antisemitisch und rassistisch zu werten seien und führte letztendlich zur Ausladung der Künstlerin von einem großen Hamburger Literaturfestival. Unabhängig davon, wie man die Aussagen des Beitrags bewerten möchte, zeigt dieses Beispiel deutlich, welche explosive Wirkung Satire entfalten kann. Dass es sich dabei um eine KünstlerIN handelt, hat der Diskussion sicherlich noch mehr Zündstoff gegeben. Offensichtlich ist es nicht immer einfach zweifelsfrei zu entscheiden, was Satire ist. Diese Ungewissheit spiegelt sich in der literaturwissenschaftlichen Forschung wider, die je nach historischem oder systematischem Schwerpunkt mit sehr heterogenen Satirebegriffen operiert.
Umso erstaunlicher ist, dass es jedoch Einigkeit darüber zu geben scheint, dass die Satire eine reine Männerdomäne ist. Frauen sind maximal die Zielscheibe des Spottes, sie selbst dürfen keine (humorvolle) Kritik üben. Diese Überzeugung bestimmt auch die Literaturwissenschaft, die sich bisher kaum mit Satiren und satirischen Schreibweisen von Autorinnen beschäftigt. Dies liegt nicht an fehlenden Beispielen, sondern vielmehr an wirkungsmächtigen Ausgrenzungsmechanismen. Dies erfahren nicht erst zeitgenössische Kabarettistinnen, sondern auch schon Autorinnen zur Zeit der frühen Aufklärung. So lassen sich beispielsweise schon im Werk von Christiana Maria von Ziegler (1695-1760), Sidona Hedwig Zäunemann (1714-1740) oder Luise Adelgunde Victorie Gottsched geb. Kulmus (1713-1762) Rechtfertigungsstrategien für das eigene Schreiben, insbesondere das eigene satirische Schreiben finden.
Die Wahl von Schriftstellerinnen der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erfolgt in diesem Zusammenhang aufgrund von zwei zentralen Beobachtungen: Erstens, beginnen Autorinnen nun Satire zu schreiben und begründen so moderne satirische Schreibweisen mit. Die Analyse der entsprechenden Texte soll die spezifischen Charakteristika herausarbeiten. Zweitens werden an dieser Epoche grundlegende zu rekonstruierende Argumentationsstrukturen erkennbar, welche bis heute die Diskurse um Satire von Frauen determinieren. Damit erfolgt ein doppelter Zugriff: Der Satirebegriff wird sowohl in historischer als auch systematischer Perspektive im Hinblick auf genderspezifische Fragestellungen erweitert und differenziert.

Audiomediale Paratextualität. Rahmungsstrategien akustischer Literatur im Hörbuch

Audiomediale Paratextualität. Rahmungsstrategien akustischer Literatur im Hörbuch. Berlin 2020.

Als Teil einer allgemeinen kulturellen Entwicklung, die sich wieder verstärkt mündlicher Traditionen zuwendet, hat sich das Hörbuch in den letzten Jahren zu einer festen literarischen Größe entwickelt. Kein Buchladen oder Buchportal, dass diese Form der akustischen Literatur nicht im Angebot hätte. Oftmals bilden akustische Texte so den ersten Zugang zu Literatur, was aber nach wie vor kaum reflektiert wird. Auch die literaturwissenschaftliche Beschäftigung mit dem Phänomen akustischer Kunst findet nur sehr zögerlich statt. Das Hörbuch, das aufgrund seiner vielfältigen literarischen, medialen und kulturellen Wechselbeziehung als ein konvergentes Medium zu definieren ist, eröffnet aber vielfältige Forschungsfragen. Es stellt dabei nicht nur eine neue Form der Vermittlung von (kanonischer) Literatur dar, sondern verändert auch die Produktion und Wahrnehmung textueller Strategien. Ziel der geplanten Dissertation ist es, diese durch die Erarbeitung und Einführung literaturtheoretischer Bestimmungskategorien audiomedialer Paratextualität zu analysieren. Auf der Grundlage literaturwissenschaftlicher Fragestellungen wird somit die spezifische Ästhetik und Semiotik akustischer Texte analysiert. Mit Genettes Theorie der Paratextualität steht ein in der literaturwissenschaftlichen Forschung entwickeltes Instrument zur Verfügung, das auf der Grundlage einer vorgesehenen medien- und kulturwissenschaftlichen Erweiterung die spezifischen sprachlichen, akustischen und medialen Strategien akustischer Literatur beschreibbar macht. Insofern ist damit ein doppelter Zugriff gewährleistet: die Verbindung eines philologischen Erkenntnisinteresses mit einer medialen bzw. materiellen Perspektive. Mit dieser Systematik leistet das Projekt nicht nur einen wesentlichen Beitrag zur Methodik der Textanalyse akustischer Literatur sondern es reflektiert in der damit einhergehenden Neubestimmung der literaturwissenschaftlichen Kategorien ‘Autor’, ‘Text’ und ‘Werk’ zentrale Forschungsfragen der Literaturwissenschaft.